13.06.2022

Mehr als 40 Jahre Margaretenstift

Wir sind sehr glücklich, dass Gaby Bodtländer bereit gewesen ist, über ihre „mehr als 40 Jahre Margaretenstift“ zu schreiben. Wir schätzen Sie als eine sehr zuverlässige und treue Mitarbeiterin, eine wunderbare Erzieherin, die Herausforderungen meistert, den Ton trifft, mit Optimismus und Humor nicht nur Kinder und Jugendliche sondern auch Eltern und Kolleg*innen begegnet ist. Ihre Chronik gibt überraschende und wertvolle Einblicke in die Anfangszeiten des Margaretenstiftes.
Bild

Mein Name ist Gaby Bodtländer. 1975/76 habe ich mit einem einjährigen Vorpraktikum begonnen, beim ersten Heimleiter des Margaretenstiftes, Herrn Heitkamp. Mit einer Anerkennungspraktikantin und drei Kindern begann das Praktikum in der Wohnung unterm Dach. Bevor ich von hier zur Jugendlichenwohngruppe wechselte, habe ich noch eine kurze Zeit im Sekretariat ausgeholfen.

In meinem Praktikumsjahr hatte ich große Unterstützung durch den damaligen Psychologen Herrn Simon. Er hat mir viele Ratschläge und Tipps gegeben, aber auch - für mich - sehr große Anforderungen gestellt. Einen Ratschlag habe ich noch gut in Erinnerung: Bleib höchstens sechs Jahre an einer Stelle, Wechsel schaffen Herausforderungen, und die Arbeit bleibt immer interessant!“ - Damals habe ich gelacht und gedacht: „Ich bleibe doch keine sechs Jahre hier!“. 

 

Nach Absolvierung der Jugend- und Heimerzieher-schule in Saarbrücken bei Frau Dr. Herrmann kehrte ich als Anerkennungsjahrpraktikantin ins Margaretenstift zurück. Ich war in der Gruppe 1 eingesetzt. Damals waren wir noch ein „kleines Heim“, wo jeder jeden kannte. Wir konnten in der Aula unsere Feste alle zusammen feiern: lustige Faschingsfeiern, Weihnachtsfeiern mit Nikolaus und Raclette-Essen. Meine zweite Heimleitung war Margret Frischenschlager. Ich blieb als Erzieherin in der Gruppe 1, sieben Jahre lang arbeitete ich in einem festen Team. Dann kam die erste Herausforderung – der unfreiwillige Wechsel zur Gruppe 4. Es gab in dieser Zeit Probleme mit der Nachfrage, so dass eine Gruppe hatte schließen müssen, Personal entlassen wurde und Kinder die Gruppe wechseln mussten.

In der Gruppe 4 blieb ich etwa drei Jahre. In dieser Zeit, 1989, kam für mich die dritte Einrichtungsleitung, Erhard Zimmer. Er hatte die Idee, mit mir ein Pflegenest aufzubauen, für ein Geschwisterpaar aus der Gruppe 2. Diese Herausforderung nahm ich gerne an. Sie passte genau zu mir, da ich 1988 meine erste Tochter bekommen hatte und die zweite unterwegs war, die dann in ein Pflegenest hineingeboren worden ist. Diese beiden ersten Pflegnestkinder blieben bei mir, bis sie in eigene Wohnungen ziehen konnten.

Danach half ich für ein halbes Jahr als Springerin aus, in den Wohngruppen 1, 2 und 3. Wir, d. h.  meine Familie, entschieden uns ein weiteres Mal dazu, Kinder bei uns aufzunehmen, diesmal zwei Jungen; die blieben zwei Jahre bei uns.

 

Die nächste Herausforderung war der Aufbau einer Erziehungsstellenvertretung, denn mittlerweile gab es im Margaretenstift mehrere Stellen wie unsere Familie, die Kinder aufgenommen hatten. Die Stellen hießen jetzt Professionelle Erziehungsstellen (PES). Zur Entlastung der Fachkräfte wurde eine PES-Vertretungsgruppe eingerichtet. Durchgeführt wurde diese in der damaligen Tagesgruppe Riegelsberg. Wir haben hier ein riesiges Wandbild gestaltet, was allen sehr gut gefallen hat. Wir teilten uns die Räumlichkeiten: in der Woche fand die Tagesgruppenbetreuung statt und einmal monatlich die PES-Vertretung am Wochenende, außerdem Ferienfreizeiten.

In der PES-Vertretung gab es immer wieder neue Herausforderungen: die Anzahl der Kinder und Betreuer wuchs; von Riegelsberg mussten wir nach Saarbrücken ins große IF-Haus umziehen, dann wieder zurück nach Riegelsberg, dann nach Kastel in die Finca, zuletzt nach Kirkel ins Haus Burgblick.

 

Während der 16 Jahre PES-Vertretung kam auch immer wieder einmal ein Anruf: “Gaby, du hast doch im Moment zu Hause noch Plätze frei, könntest du ein, zwei oder drei Kinder kurzfristig für ein paar Tage aufnehmen?“ – Ich habe zumeist ja gesagt. Aus den paar Tagen wurden öfter ein paar Wochen oder auch Monate! – So habe ich meinen 50. Geburtstag nicht nur mit meinen Kindern, sondern auch mit einem ehemaligen Pflegekind und zwei „Mädels“ gefeiert, die damals für ein halbes Jahr bei mir lebten. Da ich ein Problem habe, „nein“ zu sagen, haben wir - meine Kinder und ich – mittlerweile mehr als 30 (teils jugendliche) Kinder in unserer Familie aufgenommen, für kürzer oder länger. Zwischendurch habe ich auch einige Jugendliche beim Betreuten Wohnen begleitet.

 

Die nächste Herausforderung war die Durchführung einer Mutter-Kind-Maßnahme, insgesamt für zwei Jahre. Das passte zu diesem Zeitpunkt gerade, da in meinem Haus eine Wohnung frei geworden war. Direkt im Anschluss, die nächste Herausforderung, eine Mutter-Kind-Maßnahme mit einer kognitiv einge-schränkten Mutter und einem Neugeborenen, der mit Herzmonitor überwacht werden musste. Im ersten Jahr war noch eine Kinderkrankenschwester in die Betreuung eingebunden. - Dieser Junge ist letztes Jahr im Dezember 13 Jahre alt geworden. Im Sommer 2021 ist seine Mutter zu ihrem Freund gezogen, er ist bei mir geblieben, es besteht ein regelmäßiger Kontakt mit der Mutter. 2012 habe ich einen dreijährigen Jungen aufgenommen, der ebenfalls auch noch bei mir lebt und jetzt auch im jugendlichen Alter ist.

 

Vor dem Beginn der „Corona-Zeit“, unserer neuen Zeitrechnung, habe ich mich entschlossen, die PES-Vertretung abzugeben. Ich bin mittlerweile dreifache glückliche Oma und verbringe die gewonnene Zeit mit meinen Enkelkindern. Im letzten Jahr ist für mich dann auch die 4. Einrichtungsleitung gekommen, Herr Eisenbeis.

 

Ich blicke heute auf 45 Jahre Margaretenstift zurück. Ich habe den Ratschlag, den der Psychologe Herr Simon mir in meinem Vorpraktikum gegeben hat, umgesetzt: Ich habe immer wieder – wenn auch nicht immer freiwillig - eine neue Herausforderung angenommen, und ich bin froh damit. Ich muss auch der Rektorin Frau Dr. Herrmann dankbar sein, die mich zum Vorpraktikum ins Margaretenstift geschickt hatte, obwohl ich damals gerne eine Stelle außerhalb des Saarlands angenommen hätte. Im Margaretenstift konnte ich so viele verschiedene Tätigkeit ausüben und rückblickend sage ich: „Ich habe meinen Traumberuf gefunden!“        

 

 Eure/Ihre Gaby Bodtländer

 

Caritas Jugendhilfe Margaretenstift Am Schönental 15, 66113 Saarbrücken Anfahrt 0681/94817-0 (Zentrale) 0681/94817- 28
Einrichtungsleiter
Dr. Stefan Eisenbeis
Dipl. Psychologe, PP
0681/94817-15